September 24
von Lena Gorelik (Rowohlt Verlag)
Ein Mädchen reist 1992 mit Eltern, dem Bruder und der Großmutter, als jüdische Kontingentflüchtlinge von St. Petersburg nach Deutschland, in die Freiheit, aus und kommt erst einmal in einer schwäbischen Kleinstadt an. Daheim war sie eine sehr gute Schülerin und offen für viele Dinge. Nun spricht sie die Worte so komisch aus, dass Mitschüler über sie lachen. Sie schämt sich, dass sie als „Flüchtlingskind“ im Asylantenheim unter sehr beengten Bedingungen wohnt. Auch die Eltern hatten keine Vorstellung von dem neuen Leben in Deutschland, wo es ihnen die fremde Sprache unmöglich macht, eine ihrer Ausbildung angemessene Arbeit zu finden.
Erst als das Mädchen die Begrenzung durh die fremde Sprache überwinden kann, eröffnen sich Zugänge zu dieser neuen Welt, die sie sich Wort für Wort erobert. Die Vorstellungen, was Freiheit ist, was sie erlaubt, unterscheiden sich zwischen Eltern und Tochter immer mehr. Der autobiographische Roman von Lena Gorelik über ihren Migrationshintergrund wird einfühlsam und sehr offen erzählt. Man ist berührt von dem Kampf um Würde und Identität – Stolz und Scham, Eigensinn und Anpassung, Fremdsein und Dazugehören. Sehr empfehlenswert.